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Folgen und Auswirkungen

einer Vornamens- und Personenstandsänderung

Die Folgen und Auswirkungen einer Änderung des Vornamens- und Personenstands, entweder nach dem Transsexuellengesetz (oder dem §45b Personenstandsgesetz) sind weitreichend.

Nachdem das Amtsgericht einen positiven Beschluss bzgl. der Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister gefasst hat, wird der antragstellenden Person dieser Beschluss zugestellt. Zunächst ist der Gerichtsbeschluss noch nicht rechtskräftig, denn jede antragstellende Person hat das Recht, einem Gerichtsbeschluss zu widersprechen. Im Fachjargon spricht man vom „Einlegen von Rechtsmitteln“. Rechtskräftig wir der Beschluss dann, wenn die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist. Auf dem Gerichtsbeschluss finden sich Formulieren wie zum Beispiel:

Beispieltext eines Gerichtsbeschlusses bei Vornamens- und Personenstandsänderung

„Gegen diesen Beschluss findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von 1 Monat bei dem Amtsgericht … einzulegen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Zustellung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, ist das Datum der Zustellung maßgebend. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post und soll die Bekanntgabe im lnland bewirkt werden, gilt das Schriftstück 3 Tage nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Fristende auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Beschwerde kann zur Niederschrift eines anderen Amtsgerichts erklärt werden, die Beschwerdefrist ist jedoch nur gewahrt, wenn die Niederschrift rechtzeitig bei dem Gericht, bei dem die Beschwerde einzulegen ist, eingeht. Die Beschwerdeschrift bzw. die Niederschrift der Geschäftsstelle ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten,
dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird.

Die Beschwerde soll begründet werden.“

Eine frühere Rechtsraft des Beschlusses kann erreicht werden, indem man gegenüber dem Amtsgericht auf das Einlegen von Rechtsmitteln verzichtet. Dies kann entweder durch ein entsprechendes Schreiben oder durch persönliches Erscheinen beim Amtsgericht zur Niederschrift erfolgen.

Ist der Beschluss rechtskräftig (entweder durch Verstreichen der Rechtsmittelfrist oder durch das Einlegen des Verzichts auf Rechtsmittel) können die nachfolgenden Schritte unternommen werden.

Die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 TSG bindet nicht nur
sämtliche staatliche Stellen, sondern entfaltet daneben auch zivilrechtliche Wirkung, sodass sie ebenso für privatrechtliche Institutionen und Personen wie z. B. privatrechtliche Versicherungen gilt.

Schneider et al. 2020

Nach Rechtskraft greift das Offenbarungsverbot des § 5 TSG, welches besagt, dass die bis dahin geführten Vornamen ohne Zustimmung des Betroffenen nicht offenbart oder ausgeforscht werden dürfen. Es gibt jedoch Ausnahmen, wenn besondere Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen oder jemand ein rechtliches Interesse daran glaubhaft macht. Diese Ausnahmen müssen im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG eng ausgelegt werden (Schneider et al. 2020). Berechtigte öffentliche Interessen sind beispielsweise der Verdacht, die betreffende Person hat unter dem alten Namen eine Straftat begangen. Auch die Überprüfung des Versicherungsverlaufs bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist ein solches berechtigtes öffentliches Interesse. Ein berechtigtes rechtliches Interesse ist beispielsweise die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, welche unter dem alten Vorname entstanden sind. Auch Unterhaltsforderungen können ein rechtliches Interesse begründen.

Änderung von behördlichen Urkunden

Nach erfolgter Vornamens- und Personenstandsänderung (Vä/Pä) und Rechtskraft des Beschlusses, erfolgt eine Änderung des Eintrags im Geburtsregister des Standesamts des Geburtsorts. Die betreffende Person erhält eine geänderte Geburtsurkunde bzw. eine Abschrift aus dem Geburtsregister. Die Geburtsurkunde enthält keinen Hinweis darauf, dass eine Vornamens- oder Personenstandsänderung durchgeführt wurde. Mit der geänderten Geburtsurkunde können dann die Ausweisdokumente (Personalausweis, Reisepass) bei den zuständigen Behörden beantragt und neu ausgestellt werden. Häufig verlangen die ausstellenden Behörden neben der Geburtsurkunde auch die Einsicht in den richterlichen Beschluss (aus dem TSG-Verfahren) oder eine schriftliche Bestätigung des Geburtsstandesamts über die durchgeführte Vornamens- und Personenstandsänderung.

Änderung von Zeugnissen

Wurde die Vornamens- oder Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz durchgeführt, so hat die betreffende Person einen Anspruch darauf, dass auch ältere Zeugnisse, welche noch auf den früheren Namen (und Geschlecht) lauten, entsprechend geändert werden. Gemäß §5 Absatz 1 des Transsexuellengesetz dürfen nach rechtskräftiger Änderung des Vornamens die zur Zeit der Entscheidung geführten Vornamen nicht offenbart oder ausgeforscht werden (Offenbarungsverbot). Das Offenbarungsverbot besteht auch für und gegenüber Schulen und führt dazu, dass Schulzeugnisse geändert werden müssen.

Für Arbeitgeber*innen ist die Entscheidung des Landesarbeitsgericht Hamm relevant. Es entschied (4 Sa 1337/98 vom 17.12.1998), dass eine transsexuelle Person vom Arbeitgeber verlangen kann, Arbeitszeugnisse auf den geänderten Namen auszustellen. Der Anspruch der transsexuellen Person auf Neuerteilung eines Zeugnisses mit geändertem Vornamen bzw. mit geändertem Geschlecht folgt aus der nachvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Dies bedeutet, dass auch eine früher im Unternehmen beschäftigte Person die Neuausstellung eines, auf den alten Namen (und Geschlecht) erstelltes Arbeitszeugnis verlangen kann.

Die »alten« Daten in der Personalakte müssen nicht rückwirkend geändert werden, wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 05.02.2010 (1 A 655/08[1]) und die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover am 12.02.2010 (2 A 5587/08) entschieden haben. Jedoch müssen alle Unterlagen die öffentlich zur Verfügung stehen, über den Postweg versandt oder an Dritte ausgehändigt werden, entsprechend geändert werden. Diese unterliegen dem §5 TSG in Verbindung mit §242 BGB und Artikel 1 Absatz 2 Grundgesetz.

Grundbuch

Im Grundbuch werden Änderungen oder Löschungen nicht entfernt, sondern als nicht mehr relevant gekennzeichnet. Das bedeutet, dass jede Änderung an einem Grundbuchblatt nachvollzogen werden kann und für jeden ersichtlich ist. Eintragungen im Grundbuch unterliegen jedoch, gemäß Beschluss V ZB 53/18 des Bundesgerichtshofs vom 7. März 2019 auch dem Offenbarungsverbot nach §5 Abs. 1 TSG. Dies hat zur Folge, dass eine Person die Richtigstellung des Grundbucheintrags verlangen kann. Das Grundbuchamt hat die Namensänderung auf dem Grundbuchblatt zu vermerken. Anschließend ist das Grundbuch in entsprechender Anwendung der §§28 ff. GBV umzuschreiben. Das bisherige Grundbuchblatt wird geschlossen und ein neues Grundbuchblatt wird eröffnet. Laut Beschluss des BGH ist die Einsicht in das geschlossene Grundbuchblatt nur solchen Personen gestattet, welche ein berechtigtes Interesse an den früheren Eintragungen darlegen können[2].


[1] https://openjur.de/u/140321.html, Zugegriffen: 23.01.2024
[2] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=96100&pos=18&anz=567, Zugegriffen: 23.01.2023

Schneider, Frank, Helmut Fischer und Dirk Olzen. 2020. Begutachtung psychischer Störungen, 4. Auflage. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag

Der §45b des Personenstandsgesetzes sieht derzeit kein Offenbarungsverbot vor. Es ist noch nicht gerichtlich geklärt, ob auch bei einer Vornamens- und Personenstandsänderung nach §45b PStG ein Rechtsanspruch auf Änderung von Zeugnissen besteht. Es sind diesbezüglich Verfahren anhängig.